Jonas Höhne
Frage 1: Inwieweit stellt der Klimawandel nach Ihrer Auffassung eine Bedrohung für die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und das Leben der Bürger*innen dar und welche Priorität wollen Sie dem Klimaschutz im Rahmen Ihrer Arbeit als Stadtverordnete(r) einräumen?
Bereits jetzt merken wir die Auswirkungen des Klimawandels. Insbesondere in dichtbebauten Gebieten wird die Hitze im Sommer zu einer enormen gesundheitlichen Belastung. Der Klimawandel ist deshalb nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales Problem. Menschen mit geringerem Einkommen leben im Durchschnitt in schlechter-sanierten Wohnungen und sind dadurch stärker von extremer Hitze belastet. Auch mit Blick auf die verschiedenen Berufsgruppen schlägt der Klimawandel ungleich zu. So könnte beispielsweise der Job des Dachdeckers oder der Dachdeckerin in zukünftigen Sommern zu einer Art Extremsport werden. Gesamtwirtschaftlich gesehen wird Potsdam stärker durch den Klimawandel bedroht als andere Städte. Ein großer Teil der Wirtschaftsleistung der Stadt wird im Tourismus erbracht. Doch vertrocknende Bäume in Parks, extreme Hitze am alten Markt oder niedrige Wasserstände in der Havel senken die Attraktivität Potsdams als Tourismusstandort und natürlich auch die Lebensqualität der Menschen hier vor Ort. Unter anderem deshalb hat Klimaschutz auch auf kommunaler Ebene hohe Priorität.
Frage 2: Welche Rolle messen Sie Dach-PV-Anlagen zur Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft bei? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Ausbau von Photovoltaik insbesondere zur günstigen Eigenversorgung mit Strom auch im Innenstadtbereich zukünftig leichter möglich wird?
Solar-Anlagen auf Dächern sind ein Schlüssel zur Versorgung Potsdams mit grünem Strom. Der große Vorteil von Solaranlagen gegenüber z.B. Windkraftwerken ist ihre hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Menschen sind mit ihrer eigenen Solaranlage auf dem Dach autonom und profitieren selbst finanziell von der Energiewende. Die Bedeutung von Solaranlagen auf Dächern liegt deshalb nicht nur in der Energieproduktion, sondern auch darin, dass alle gemeinsam anpacken. Um die Versorgung mit günstigem Strom vom eigenen Dach zu erleichtern, müssen unter anderem die Gestaltungssatzungen der verschiedenen Stadtteile angepasst werden. Aus meiner Sicht entstehen auch keine optischen Beeinträchtigungen, wenn man Solaranlagen auf Dächern erlaubt.
Frage 3: Welche Chance und Herausforderungen sehen Sie in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum zügigen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam.? Wo sehen Sie Ihre Einflussmöglichkeiten bei der Umsetzung?
Durch den Anstieg des CO2-Preises wird Energie aus Kohle, Öl und Gas extrem teuer. Alle Menschen am Fernwärmenetz werden deshalb von einer erneuerbaren Wärmeproduktion profitieren. Günstige Wärme gibt es nämlich langfristig nur durch erneuerbare Energiequellen. Im Vergleich zu anderen Kommunen sind wir früh dran. Potsdam kann damit zu einem Leuchtturmprojekt für Deutschland werden. Die größte Herausforderung bei der Umsetzung dieses Beschlusses ist die Finanzierung. Innerhalb von wenigen Jahren müssen große Summen gezahlt werden. Gleichzeitig stehen große Investitionen für die Verkehrsbetriebe Potsdam sowie das Klinikum Ernst von Bergmann an. Diese Projekte dürfen nicht zu Lasten der Energiewende gehen, denn die Investitionen die wir heute tätigen, werden sich zukünftig auszahlen. Die Herausforderung der Finanzierung können wir in Potsdam auch als Chance für Bürgerbeteiligung verstehen. Wenn sich die Menschen in Potsdam selbst finanziell an Stromund Wärmeprojekten beteiligen, kann ein Teil der Investitionskosten gedeckt werden. Gleichzeitig profitieren die Menschen von Zinsen auf ihre Investition. Damit solche Investitionen in die EWP möglich sind, braucht es einen StadtverordnetenBeschluss, der die Beteiligung der Menschen in Potsdam an einer GmbH der EWP ermöglicht. Eine Beteiligung von Großinvestoren lehne ich ab.
Frage 4: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Potsdamer Bürgern bei der notwendigen Umgestaltung ihrer Wärmeversorgung Orientierung zu geben und wie kann der Umbau sozialverträglich bis 2045 gelingen?
Die kommunale Wärmeplanung wird den Menschen in Potsdam die Orientierung geben, die sie für Entscheidungen über ihre Wärmeversorgung benötigen. Dadurch wird für die Menschen verständlich, ob bei ihnen Fernwärme angeschlossen wird oder ob sie für ihr Haus in eine Wärmepumpe investieren sollten. Aktuell unterstützt das Klimaförderprogramm der statt Potsdam bei Klimaschutzmaßnahmen. Dieses Förderprogramm sollte zukünftig nach den tatsächlichen Bedarfen ausgerichtet sein. So sollten besonders die Haushalte unterstützt werden, bei denen kein Fernwärmeanschluss geplant ist. Außerdem sollten beim Klimaförderprogramm auch die individuellen finanziellen Möglichkeiten berücksichtigt werden.
Frage 5: Mit welchen Ansätzen kann Potsdam den Bedarf an sozialverträglichem Wohnraum bedienen, ohne die selbstgesetzten Klimaschutzziele zu verletzen?
Der Verfall von Gebäuden muss verhindert werden. Wenn Gebäude rechtzeitig saniert und gepflegt werden reduziert insgesamt die Sanierungskosten. Im Neubau müssen wir bedarfsgerechter bauen. Das bedeutet, dass Wohnungen effizient geplant werden müssen, damit man die zur Verfügung stehende Grundfläche möglichst praktisch nutzen kann. Wohnungen im Maisonette Stil beispielsweise sehen zwar schön aus, verschenken aber einen Großteil der nutzbaren Fläche. Durch den Einsatz von Trennwänden oder kleinen Anbauten kann auch im Bestandsbau mehr Wohnraum genutzt werden. Beim Energieverbrauch der Häuser kommt es darauf an, dass die EWP bis 2035 ihre Kunden mit erneuerbare Fernwärme versorgen kann. Außerdem muss die kommunale Wärmeleitplanung dafür genutzt werden die Wärmeversorgung überall da kreativ zu lösen, wo sich Fernwärme nicht rechnet. Ein zu später Wechsel auf erneuerbare Energien in der Wärmeversorgung würde durch den steigenden CO2-Preis zu wachsenden Kosten führen.
Frage 6: Mit welchen weiteren Maßnahmen möchten Sie den Fuß- und Radverkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr in Potsdam insbesondere in der Innenstadt anreizen?
Der Wechsel vom Auto aufs Fahrrad hängt entscheidend von der Qualität der Radwege ab. Diese sollten wo immer möglich baulich von der Straße getrennt sein. Damit sich ein Umstieg aufs Fahrrad auch lohnt, müssen die Lücken im Radverkehrsnetz geschlossen werden. Ampelschaltungen sollten besser an Radfahrer und Fußgänger angepasst sein, damit man nicht an jeder Ampel erneut halten muss.