Antje Bensching
Frage 1: Inwieweit stellt der Klimawandel nach Ihrer Auffassung eine Bedrohung für die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und das Leben der Bürger*innen dar und welche Priorität wollen Sie dem Klimaschutz im Rahmen Ihrer Arbeit als Stadtverordnete(r) einräumen?
Der Klimawandel ist unsere zentrale Herausforderung und hat nicht nur ökologische, sondern auch soziale Auswirkungen. Menschen mit geringerem Einkommen sind stärker von den Folgen des Klimawandels betroffen als Menschen mit höherem Einkommen. Durch die wachsende Bevölkerung und Urbanisierung steigen die Risiken besonders in dicht bebauten Gebieten, wo steigende Temperaturen und Hitzestress im Sommer einerseits zu gesundheitlichen Belastungen und zu Engpässen in der qualitativen und quantitativen Wasserversorgung führen. Andererseits steigt auch die Wahrscheinlichkeit und Frequenz für Extremwetterereignisse, wie Starkregen und Überschwemmungen weiterhin an. Klimaschutz und Klimafolgenanpassungen sind daher von besonderer Priorität in der Stadtverordnetenversammlung, um die Lebensqualität der Bürger*innen beizubehalten bzw. zu verbessern und dem menschlich verursachten Klimawandel zu begegnen. Potsdam hat Potenzial zur Verringerung von Treibhausgasemissionen, insbesondere in den Bereichen Gebäude, Energie und Verkehr. So könnten vor allem durch Co2-arme Mobilität, effizienter Wärmekonzepte, grüner Energie und nachhaltiger Wirtschaft die Menschen in Potsdam vor unnötigen Kostensteigerungen bewahrt und gleichzeitig der bestmögliche Klimaeffekt erziel werden. Mögliche Anpassungen an die Klimafolgen können z.B. durch Erhöhung des Baumbestandes und durch intensivierte Pflege, sowie Bereitstellung von öffentlichen Trinkwasserbrunnen erreicht werden.
Frage 2: Welche Rolle messen Sie Dach-PV-Anlagen zur Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft bei? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Ausbau von Photovoltaik insbesondere zur günstigen Eigenversorgung mit Strom auch im Innenstadtbereich zukünftig leichter möglich wird?
Der Ausbau von Dach-PV-Anlagen, ist entscheidend für Potsdams Klimaschutzziele und die Energiewende. Auch die stärkere Nutzung und Förderung von Balkonkraftwerke trägt zum Klimaschutz und zur regionalen Selbstversorgung und Wirtschaftsförderung bei. Mieterstrom und Bürgerbeteiligungsgesellschaften können innerstädtische Dachflächen nutzen. Bürokratieabbau und Förderprogramme sind notwendig, um Barrieren zu überwinden und sozial gerechte Lösungen zu ermöglichen. Die Stadt kann ihre eigenen Gebäude für PV-Strom nutzen und Mieterstromprojekte unterstützen. Bürokratieabbau, sowie Änderungen an Gestaltungs- und Denkmalschutzsatzungen können meines Erachtens sehr dazu beitragen effizienten Klimaschutz zu fördern.
Frage 3: Welche Chance und Herausforderungen sehen Sie in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum zügigen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam.? Wo sehen Sie Ihre Einflussmöglichkeiten bei der Umsetzung?
Durch den Anstieg des CO2-Preises wird Energie aus Kohle, Öl und Gas zukünftig nicht mehr rentabel, weshalb bezahlbare Wärmeversorgung langfristig nur aus erneuerbaren Energiequellen gewährleistet ist. Auf Initiative von Bündnis90/Die Grünen hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, dass Potsdam bis 2035 fossilfrei werden soll. Die EWP ist dabei ein starker Partner für die Energiewende, unteranderem im Bereich der Tiefengeothermie. Potsdam hat die Chance durch tragfähige Finanzierungskonzepte zu einem Leuchtturmprojekt der kommunalen Energiewende zu werden. Durch die Bindung der EWP im kommunalem Querverbund, stellt die Finanzierung jedoch eine große Herausforderung dar. Der Stadtverordnetenversammlung obliegt es von daher Lösungen zur Finanzierung zu suchen und die Prioritäten entsprechend zu setzen.
Frage 4: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Potsdamer Bürgern bei der notwendigen Umgestaltung ihrer Wärmeversorgung Orientierung zu geben und wie kann der Umbau sozialverträglich bis 2045 gelingen?
Die kommunale Wärmeplanung ist entscheidend, um Standorte für Fernwärmeanschlüsse zu bestimmen und alternative Lösungen zu finden, beispielsweise für Stadtteile wie Potsdam West und Babelsberg Nord. Sie bietet den Bürgern Orientierung, ob Fernwärme verfügbar ist oder ob sie in Wärmepumpen investieren sollten. Das Klimaförderprogramm der Stadt sollte an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden, besonders für Haushalte ohne Fernwärmeanschluss und unter Berücksichtigung individueller finanzieller Möglichkeiten. Die Kommunikation und Transparenz über den Umgestaltungsprozess sind entscheidend, um Fehlinvestitionen zu vermeiden und die soziale Verträglichkeit sicherzustellen. Es ist wichtig, Förderprogramme sozial gerecht zu gestalten und sicherzustellen, dass Mieter angemessen profitieren können.
Frage 5: Mit welchen Ansätzen kann Potsdam den Bedarf an sozialverträglichem Wohnraum bedienen, ohne die selbstgesetzten Klimaschutzziele zu verletzen?
Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit müssen in der Stadtentwicklung von Potsdam Hand in Hand gehen. Eine wichtige Herausforderung ist die Dekarbonisierung der Fernwärme, um massive Investitionen der Wohnungswirtschaft zu vermeiden und Warmmieten nicht drastisch zu erhöhen. Der Bau neuer Gebäude muss nachhaltiger und effizienter gestaltet werden, und Nachverdichtung sollte eine größere Rolle spielen, um Grünflächen zu erhalten. Die Umstellung auf erneuerbare Energien reduziert die CO2-Kosten und ermöglicht niedrigere Energiepreise.
Frage 6: Mit welchen weiteren Maßnahmen möchten Sie den Fuß- und Radverkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr in Potsdam insbesondere in der Innenstadt anreizen?
Potsdam verfügt bereits über gute Voraussetzungen für eine klimafreundliche Mobilität mit einem Straßenbahnnetz, Busverbindungen und Radwegenetz. Um diese weiter zu verbessern, müssen Konzepte wie das STEK Verkehr und die Fuß- und Radverkehrskonzepte weiterentwickelt und umgesetzt werden. Maßnahmen wie mehr „grüne Wellen“ für Radfahrer, sichere Radwege, Radschnellwege, barrierefreie Querungen und Tempo-30-Zonen sind wichtige Schritte für eine umweltfreundliche und sichere Mobilität. Besonders die Potsdamer Innenstadt profitiert von diesen Maßnahmen, die auch den Aufenthalt und Handel fördern. Eine gerechtere Aufteilung des Straßenraums ist entscheidend, um Rad- und Fußverkehr voranzubringen. Die Umsetzung der bestehenden Konzepte muss eine höhere Priorität erhalten und entsprechend finanziert werden. Weitere Forderungen aus dem Wahlprogramm zielen darauf ab, den Rad- und Fußverkehr attraktiver und sicherer zu gestalten, beispielsweise durch die Beschleunigung der Radschnellwege und die Schaffung von sicheren Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.