Katharina Erbeldinger

Frage 1: Inwieweit stellt der Klimawandel nach Ihrer Auffassung eine Bedrohung für die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und das Leben der Bürger*innen dar und welche Priorität wollen Sie dem Klimaschutz im Rahmen Ihrer Arbeit als Stadtverordnete(r) einräumen?

Klimaschutz wird im Rahmen meiner Arbeit als Stadtverordnete oberste Priorität haben. Potsdam liegt in einem der am stärksten von Dürre bedrohten Bundesländern und ist damit höchst anfällig für die Folgen des Klimawandels. Zu den wichtigsten Folgen gehören steigende Temperaturen und Hitzestress, unsichere Versorgung mit und sinkende Qualität von Wasser und Lebensmitteln, Extremwetterereignisse, etwa Starkregen und Stürme sowie Überschwemmungen. Von den Auswirkungen des Klimawandels sind – in Potsdam und weltweit – gerade die Menschen betroffen, die gesundheitlich schwächer sind oder ein geringes Einkommen haben, z.B. ältere Menschen, Menschen in stark verdichteten Wohngebieten und Menschen, die bereits einen hohen Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel, Wohnen und Heizen aufwenden müssen. Deshalb ist es auch eine soziale Aufgabe, dass Potsdam einen Beitrag zum Klimaschutz leistet und gleichzeitig besser an die klimatischen Veränderungen angepasst wird.

Frage 2: Welche Rolle messen Sie Dach-PV-Anlagen zur Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft bei? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Ausbau von Photovoltaik insbesondere zur günstigen Eigenversorgung mit Strom auch im Innenstadtbereich zukünftig leichter möglich wird?

Dach-PV-Anlagen sind auch in Potsdam ein wichtiger Baustein für die Umstellung der Energie und auch Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien. Nach und nach sollten alle dafür in Frage kommenden Dächer in Potsdam mit PV-Anlagen versehen werden. Dabei sollte mit den Dächern begonnen werden, die dafür gute Voraussetzungen bieten und bei denen wenige Hürden bestehen, z.B. auf Flachdächern, öffentlichen Gebäuden und Dächern von Nutzgebäuden. Die Überdachung großer Parkflächen und ihre Ausrüstung mit PV-Anlagen könnte gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung leisten. Zudem müssen bürokratische Hürden insbesondere für Mieterstrom, Energiegenossenschaften und die Gründung von Bürgerbeteiligungsgesellschaften gesenkt werden. Zudem müssen auch Gestaltungssatzungen auf den Prüfstand gestellt werden, damit PV-Anlagen möglich werden, wo sie sinnvoll sind. Allerdings ist auch bessere Aufklärung und Beratung sowie eine für Bürger*innen transparente und brauchbare Wärmeleitplanung wichtig. Oft sind gemeinsame, kommunale oder genossenschaftliche Lösungen individuellen Einzellösungen vorzuziehen. Schließlich haben auch manche Maßnahmen zur energetischen Ertüchtigung, wie PV-Anlagen oder Wärmedämmung, negative Umwelt- oder sogar Klimawirkungen, die bei umsichtiger, zentral unterstützter Planung vermeidbar sind.

Frage 3: Welche Chance und Herausforderungen sehen Sie in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum zügigen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam.? Wo sehen Sie Ihre Einflussmöglichkeiten bei der Umsetzung?

Der Beschluss, dass die EWP bis zum Jahr 2025 Energie und Wärme vollständig aus erneuerbaren Energien erzeugen soll, und direkt die hierfür notwendigen Investitionen tätigen soll, hat die notwendige Voraussetzung dafür geschaffen, dass Energie in Potsdam langfristig sicher, bezahlbar und auch umweltfreundlich bleibt. Die Finanzierung bleibt eine Herausforderung. Diese kann nur bewältigt werden, wenn möglichst viele Finanzierungsquellen gemeinsam genutzt werden: Die Mittelverteilung im Haushalt der Stadtwerke muss klar unter Kosten-Wirkungsaspekten für die Erreichung der Klimaschutzziele und der Versorgungssicherheit priorisiert werden. Dabei müssen ausdrücklich auch die langfristigen Kosten und Einsparpotenziale der Investitionen berücksichtigt werden. Fördermittel von Land und Bund müssen wo immer möglich genutzt werden. Bürgerinnen und Bürger müssen die Möglichkeit erhalten, sich an den Investitionen zu beteiligen. Dafür werde ich mich einsetzen.

Frage 4: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Potsdamer Bürgern bei der notwendigen Umgestaltung ihrer Wärmeversorgung Orientierung zu geben und wie kann der Umbau sozialverträglich bis 2045 gelingen?

Die Kommunale Wärmeplanung wird für die einzelnen Stadteile und Quartiere eine Entscheidungsgrundlage für die Haushalte schaffen. Sie macht transparent, welche Stadtteile an die Fernwärme angeschlossen werden können, und wo andere Lösungen gefunden werden müssen. Für die Bereiche, die nicht an die Fernwärme angeschlossen werden können, sollten genossenschaftliche Initiativen unterstützt werden. Information und Aufklärung über bestehende Initiativen, Konzepte und individuelle Lösungen sollten im Rahmen regelmäßiger Energiesprechstunden für die einzelnen Quartiere angeboten werden. Für Stadtteile wie Potsdam West und Babelsberg Nord müssen Anschluss- und Ausbaupläne für das Fernwärmenetz erarbeitet werden.

Frage 5: Mit welchen Ansätzen kann Potsdam den Bedarf an sozialverträglichem Wohnraum bedienen, ohne die selbstgesetzten Klimaschutzziele zu verletzen?

Der Wohnungsbestand in Potsdam muss so gut wie möglich genutzt und energetisch ertüchtigt werden. Neubauten müssen auf das notwendige Maß reduziert, und so umwelt- und klimaverträglich wie möglich hergestellt werden. Dabei ist auch die Neu-Versiegelung oder Durchbrechung naturnaher Grünräume möglichst zu vermeiden. Dafür sind auch weitere Anreize notwendig, dass Wohnungen bzw. Häuser, die nicht mehr zur Haushaltsgröße passen, häufiger und frühzeitiger „getauscht“ werden. Hier sind entsprechende Entwicklungsmaßnahmen im Bestand der ProPotsdam (barrierefrei, mit Service), aktive Aufklärung über Alternativen oder auch finanzielle Unterstützung zu verfolgen.

Frage 6: Mit welchen weiteren Maßnahmen möchten Sie den Fuß- und Radverkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr in Potsdam insbesondere in der Innenstadt anreizen?

Potsdam hat mit seinem Straßenbahnnetz, den Busverbindungen und dem Radwegenetz bereits gute Voraussetzungen für eine klimafreundliche Mobilität. Die entsprechenden Konzepte (STEK Verkehr, Fußverkehr- und Radverkehrskonzept) müssen weiterentwickelt und umgesetzt werden. Mehr „grüne Wellen“ fürs Rad, gerechte Aufteilung des Straßenraumes und der Ampelschaltungen, sichere Radwege, mehr Radschnellwege, barrierefreie Querungen, mehr Tempo 30-Areale, bessere Einbindung in den Regionalverkehr etc. sind wichtige Maßnahmen einer umweltfreundlichen und sicheren Mobilität. Uns geht es dabei um die Gesamtstadt, und darum, mit öffentlichen Mitteln einen möglichst großen Effekt zu erzielen. Die o.g. Maßnahmen zur Stärkung des Umweltverbundes entlasten zugleich die dicht bewohnten Stadtviertel. Das gilt auch bzw. in besonderem Maße für die Potsdamer Innenstadt, in der gerade der Modellversuch stattfindet. Sie ist mit Rad, Bus und Bahn sehr gut erreichbar, für Autos stehen mehrere Parkhäuser am Rande zur Verfügung. Straßen sind nicht nur Verkehrswege, sondern Aufenthaltsräume. Das Viertel ist durch eine hohe Qualität und Schönheit ausgezeichnet, die erst jetzt beim Modellversuch wieder erlebbar wird. Diese Eigenschaft wollen wir weiter stärken und sind überzeugt, dass das dem Handel, aber auch dem einfachen Aufenthalt zugutekommen wird.