Andreas Walter

Frage 1: Inwieweit stellt der Klimawandel nach Ihrer Auffassung eine Bedrohung für die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und das Leben der Bürger*innen dar und welche Priorität wollen Sie dem Klimaschutz im Rahmen Ihrer Arbeit als Stadtverordnete(r) einräumen?

Viele der entstehenden Risiken des Klimawandels ballen sich auch im Stadtgebiet Potsdams, und damit ist sie auch höchst anfällig für die Folgen des Klimawandels. Zu den wichtigsten Aspekten gehören steigende Temperaturen und Hitzestress, Versorgungssicherheit und Qualität von Wasser und Lebensmitteln, sowie Extremwetterereignisse, etwa Starkregen, Stürme oder Überschwemmungen an Flüssen. Durch die wachsende Stadtbevölkerung und Urbanisierung wird sich die Zahl der Menschen und Vermögenswerte erhöhen, die den Klimarisiken ausgesetzt sind. Wenn Potsdam widerstandsfähiger gemacht wird gegenüber dem Klimawandel oder ganz allgemein die nachhaltige Entwicklung gefördert wird, dann nützt dies der Klimaanpassung. Möglichkeiten zur Anpassung existieren beispielsweise in den Bereichen Wasserversorgung, Ernährung, Energieversorgung oder Verkehr. Im rasch wachsenden Potsdam liegt ein großes Potenzial für die Verringerung von Treibhausgasemissionen. Zu den urbanen Sektoren mit Klimaschutzpotenzial gehören Gebäude, Energie, Verkehr und Industrie. Allerdings fehlt es gerade auch in der Landeshauptstadt häufig an den finanziellen, technologischen, institutionellen und politischen Kapazitäten für wirksame Klimaschutzmaßnahmen. Deshalb wird Klimaschutz im Rahmen meiner Arbeit als Stadtverordneter oberste Priorität behalten und haben.

Frage 2: Welche Rolle messen Sie Dach-PV-Anlagen zur Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft bei? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Ausbau von Photovoltaik insbesondere zur günstigen Eigenversorgung mit Strom auch im Innenstadtbereich zukünftig leichter möglich wird?

Der Ausbau von Dach-PV-Anlagen ist für die Erreichung der Potsdamer Klimaschutzziele und der Stromwende unumgänglich. Dabei spielt nicht nur der Mieterstrom eine entscheidende Rolle, auch die Gründung von Bürgerbeteiligungsgesellschaften können die potenziell nutzbaren Dachflächen im innerstädtischen Bereich projektieren (https://www.eueco.de/). Dazu ist aber ein dringend erforderlicher Bürokratieabbau durch entsprechende Stadtverordnetenbeschlüsse erforderlich. Be- und/oder verhindernde Satzungsbeschlüsse gehören auf den Prüfstand und müssen der Privilegierung von Erneuerbaren untergeordnet werden, um eine erfolgreiche Stromwende zu realisieren.

Frage 3: Welche Chance und Herausforderungen sehen Sie in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum zügigen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam.? Wo sehen Sie Ihre Einflussmöglichkeiten bei der Umsetzung?

Die Chancen bis 2035 fossilfrei zu werden sind sehr gut, da die EWP aufgezeigt hat, dass die technische Umsetzung möglich ist. Die Herausforderung wird aber die Finanzierung sein. Die EWP wäre allein mit ihren Rückstellungen in der Lage, erforderliche Investitionen zu tätigen, ist aber durch den kommunalen Querverbund, gerade mit dem Verkehrsbetrieb (VIP), verpflichtet, entsprechende Gelder abzuführen. Als Kommunalvertreter im EWP-AR kann/könnte ich auf Unternehmensentscheidungen im Sinne der Dekarbonisierung Einfluss nehmen. Als Stadtverordneter dafür eintreten, dass die LH P Bürgschaften für die SWP/EWP übernimmt, die eine Vorfinanzierung durch Fremdkapital ermöglichen. Aber was ist mit den 40% der Wohnungen, die nicht an die Fernwärme angeschlossen sind und noch überwiegend mit Gasheizungen mit Wärme versorgt werden? Betroffen sind dicht bebaute Quartiere mit zum Teil denkmalgeschütztem Altbaubestand und sehr heterogener Eigentümerschaft. Hier gelten die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes und des Wärmeplanungsgesetzes. Die Umsetzung der Wärmewende ist technisch herausfordernd und erfordert, dass Eigentümer, Versorger (EWP) und Verwaltung zusammenarbeiten. Wie genau diese Zusammenarbeit aussehen könnte, ist derzeit unklar. Dies ist für Eigentümer schwer fassbar, schafft Ratlosigkeit und Frust. Gleichzeitig drängt die Zeit. Bis zum Jahr 2045 verbleiben lediglich 21 Jahre um die Wärmewende zu vollziehen.

Frage 4: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Potsdamer Bürgern bei der notwendigen Umgestaltung ihrer Wärmeversorgung Orientierung zu geben und wie kann der Umbau sozialverträglich bis 2045 gelingen?

Kommunale Wärmeplanung als Grundlage für eine sofortige Ausführungs- und Genehmigungsplanung inkl. Ausfinanzierung auf den Weg bringen. Für Stadtteile wie Potsdam West und Babelsberg Nord Anschluss- und Ausbaupläne erarbeiten.

Frage 5: Mit welchen Ansätzen kann Potsdam den Bedarf an sozialverträglichem Wohnraum bedienen, ohne die selbstgesetzten Klimaschutzziele zu verletzen?

Ein wichtiger Punkt ist die Dekarbonisierung der Fernwärme. Für die Einhaltung der Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) muss die EWP ab 01.01.2024 bestätigen, dass sie die geltenden rechtlichen Anforderungen an ihr Wärmenetz erfüllt. Dazu muss die EWP bis Ende 2026 einen Wärmenetzausbau- und Dekarbonisierungsfahrplan (GEG § 71b) erstellen. Dieser muss nachweisen, wie der Anteil an Erneuerbaren Energien bis 2030 auf 30%, bis 2040 auf 80% und in 2045 auf 100% gesteigert werden kann. Sollte die EWP ihren Dekarbonisierungspfad nicht erreichen, würden erhebliche Investitionen der Wohnungswirtschaft in deutlich höheren Dimensionen (vor allem durch ProPotsdam, Stadtspuren-Unternehmen) nötig und Warmmieten massiv in die Höhe getrieben. Ein weiteres Argument spricht für die schnelle Umsetzung des angeführten Beschlusses: Eine Beibehaltung der auf Gas basierenden Fernwärme wird aufgrund der gestiegenen CO2-Kosten zu erheblichen Mehrkosten der Fernwärmekunden führen. Aktuell fallen pro Quadratmeter und Jahr ca. 1€ für CO2 an. Dieser Betrag wird durch die zu erwartenden steigenden CO2- Zertifikatspreise innerhalb der nächsten 10 Jahre auf 4€/m² ansteigen. Diese Kosten fallen der EWP genauso an und werden für den EU-Zertifikatehandel ausgegeben. Die Umstellung auf Erneuerbare Energien reduziert die CO2-Kosten. Damit können die Energiepreise deutlich niedriger bleiben.

Frage 6: Mit welchen weiteren Maßnahmen möchten Sie den Fuß- und Radverkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr in Potsdam insbesondere in der Innenstadt anreizen?

Weiterverfolgung und Ausfinanzierung des StEK Verkehr, Radverkehrs- und Fußwegkonzepts.