Martin Wandrey

Frage 1: Inwieweit stellt der Klimawandel nach Ihrer Auffassung eine Bedrohung für die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und das Leben der Bürger*innen dar und welche Priorität wollen Sie dem Klimaschutz im Rahmen Ihrer Arbeit als Stadtverordnete(r) einräumen?

Der Klimawandel ist die zentrale Herausforderung unserer Zeit. Auch bei uns vor Ort in Potsdam müssen wir noch stärkere Anstrengungen unternehmen – einerseits unseren Beitrag zur Erderhitzung verringern und uns auf das veränderte Klima anpassen. Wir brauchen mehr Mobilität ohne Auto, grüne Energie in unseren Häusern und nachhaltige Wirtschaftsbetriebe. Wir müssen uns besser auf Hitze, trockenere Sommer und Extremwettereignisse vorbereiten. Dafür müssen alle Bereiche einen Beitrag leisten.

Frage 2: Welche Rolle messen Sie Dach-PV-Anlagen zur Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft bei? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Ausbau von Photovoltaik insbesondere zur günstigen Eigenversorgung mit Strom auch im Innenstadtbereich zukünftig leichter möglich wird?

Der Ausbau von Dach-PV-Anlagen ist zentral für die Erreichung der Potsdamer Klimaschutzziele und der Stromwende. Dabei spielt nicht nur der Mieterstrom eine entscheidende Rolle, auch die Gründung von Bürgerbeteiligungsgesellschaften können die potenziell nutzbaren Dachflächen im innerstädtischen Bereich projektieren. Dazu wollen wir städtische Bürokratie abbauen. Wichtig ist Hausgemeinschaften auf dem komplexen Weg zur Dach-PV-Anlage zu unterstützen.

Frage 3: Welche Chance und Herausforderungen sehen Sie in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum zügigen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam.? Wo sehen Sie Ihre Einflussmöglichkeiten bei der Umsetzung?

Auf Bündnisgrüne Initiative hat die Stadtverordnetenversammlung Anfang des Jahres beschlossen, dass Potsdam bis 2035 fossilfrei werden soll. Mit dem städtischen Energie- und Wasserversorger (EWP) hat die Stadt dabei einen starken Partner, dies auch praktisch umzusetzen. Um insbesondere kostspielige Geothermieprojekte umzusetzen, braucht sie aber die Rückendeckung der Stadt und kann perspektivisch weniger Gewinne an die anderen Bereiche der Stadtwerke, wie den Verkehrsbetrieb oder die Bäderbetriebe abführen. Daher müssen wir die Finanzierung dieser wichtigen kommunalen Aufgaben neu verteilen. Wir wollen die 40% der Wohnungen, die nicht an die Fernwärme angeschlossen sind und noch überwiegend mit Gasheizungen mit Wärme versorgt werden in den kommenden Jahren an das Netz anschließen. Hier gelten die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes und des Wärmeplanungsgesetzes. Die Umsetzung der Wärmewende ist technisch herausfordernd und erfordert, dass Eigentümer, Versorger (EWP) und Verwaltung zusammenarbeiten.

Frage 4: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Potsdamer Bürgern bei der notwendigen Umgestaltung ihrer Wärmeversorgung Orientierung zu geben und wie kann der Umbau sozialverträglich bis 2045 gelingen?

Wir begleiten die Kommunale Wärmeplanung als Grundlage für eine sofortige Ausführungs- und Genehmigungsplanung inkl. Ausfinanzierung. Für Stadtteile wie Potsdam West und Babelsberg Nord sind Anschluss- und Ausbaupläne erarbeiten.

Frage 5: Mit welchen Ansätzen kann Potsdam den Bedarf an sozialverträglichem Wohnraum bedienen, ohne die selbstgesetzten Klimaschutzziele zu verletzen?

Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit müssen Hand in Hand gehen. Wenn wir es nicht schaffen unsere Fernwärme klimaneutral zu machen, würden erhebliche Investitionen der Wohnungswirtschaft in deutlich höheren Dimensionen (vor allem durch ProPotsdam und private Hausbesitzer) nötig und Warmmieten massiv in die Höhe getrieben. Der Bau neuer Gebäude brauche viele Ressourcen, daher muss der Neubau so nachhaltig wie möglich gestaltet werden. Wir wollen, dass Nachverdichtung eine größere Rolle spielt, wie z.B. durch die Umwidmung von Garagenarealen im Potsdamer Westen, so geht weniger so wichtiger Naturraum durch Bebauung verloren. Die Entscheidung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt- und Klimaschutz zu den Neubauplänen in Golm hat gezeigt, dass wir in Zukunft noch stärker den Umweltschutz berücksichtigen müssen.

Frage 6: Mit welchen weiteren Maßnahmen möchten Sie den Fuß- und Radverkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr in Potsdam insbesondere in der Innenstadt anreizen?

Ich setze mich dafür ein, dass Rad- und Fußverkehr in Potsdam weiter vorankommen. Wir wollen mehr Gerechtigkeit bei Investitionen in den Verkehr und bei der Aufteilung des Straßenraums: Diese sollen sich an den Anteilen der jeweiligen Verkehrsformen am Gesamtverkehrsaufkommen orientieren. Wir wollen mehr »grüne Wellen« für Radfahrende und auch andere Ampelschaltungen und Verkehrsführungen, sodass Radfahrende gleich gut vorankommen wie Autos. Außerdem die konsequente Umsetzung und Fortschreibung des Fußverkehrs- und des Radverkehrskonzeptes. Ziel ist eine Umsetzung innerhalb der nächsten fünf Jahre. Dazu müssen entsprechende Gelder im Haushalt hinterlegt werden. Die Umsetzung der geplanten Radschnellwege nach Krampnitz, Werder, Berlin, Stahnsdorf und Teltow wollen wir beschleunigen. Wir weiten Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit im Stadtgebiet aus, richten Tempo-20-Zonen in Kita- und Schulbereichen ein und vereinheitlichen Regelungen.