Frauke Havekost
Frage 1: Inwieweit stellt der Klimawandel nach Ihrer Auffassung eine Bedrohung für die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und das Leben der Bürger*innen dar und welche Priorität wollen Sie dem Klimaschutz im Rahmen Ihrer Arbeit als Stadtverordnete(r) einräumen?
Der Klimawandel ist für Natur und das Leben der Bürger*innen in der Stadt eine sehr große Belastung. Ich leite den Schul- und Integrationsgarten am Schlaatz, er liegt unmittelbar an der Nuthe. Dort erfahren wir seit einigen Jahren sehr deutlich, welche Auswirkungen der Klimawandel auf Stadt und Menschen hat:
• Bäume sterben, weil der Regen ausbleibt und sie nicht genügend Wasser erhalten.
• Es gibt Wasserentnahmeverbote an der Nuthe (zur Recht!). Schul- und Gemüsebeete werden von uns sparsam mit Brunnenwasser versorgt. Ergänzend nutzen wir Tröpfchenbewässerung und südländischen Anbautechniken, doch unsere Blumenbeete vertrocknen.
• Unser Garten liegt abseits. Ältere Besucher*innen und Gärtner*innen leiden unter der Hitze. Sie scheuen den Weg auf unbeschatteten Straßen und in der Straßenbahn. So bleiben sie im Sommer lieber in ihrer Wohnung, als die gesellige Atmosphäre unter den Bäumen zu genießen.
Aus diesen Gründen räume ich dem Klimaschutz hohe Priorität ein. Dabei sehe ich das Thema als Querschnittsaufgabe – also durch alle Ressorts hinweg.
Frage 2: Welche Rolle messen Sie Dach-PV-Anlagen zur Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft bei? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Ausbau von Photovoltaik insbesondere zur günstigen Eigenversorgung mit Strom auch im Innenstadtbereich zukünftig leichter möglich wird?
Den Ausbau von Photovoltaik finde ich in absolut wünschenswert und das in allen Stadtteilen. Die Innenstadt mit seinen Denkmalen hat für mich allerdings keine Priorität. Mein Hintergrund: Ich bin aktives Mitglied eines Vereins, der seit vielen Jahren das Museumshaus „Im Güldenen Arm“ trägt. Es handelt sich um ein lehmgebundenes Kalthaus mit einzigartiger Substanz, das in den 90er Jahren sehr aufwendig rekonstituiert wurde. Ein solches Objekt gehört beispielsweise für mich weiterhin in seiner Substanz geschützt. Dennoch: unsere bündnisgrünen Experten sehen Lösungen in der der Gründung von Bürgerbeteiligungsgesellschaften und Bürokratieabbau, um nutzbare Dachflächen auch in der Innenstadt zu projektieren. Hierfür bin natürlich auch ich offen. Die Überarbeitung von Satzungsbeschlüssen ist daher zu diskutieren, damit punktuell auch im denkmalgeschützten Bereich und im Einzelfall gute, pragmatische Lösungen im Konsens mit Denkmalpflege und Eigentümern gefunden und umgesetzt werden können.
Frage 3: Welche Chance und Herausforderungen sehen Sie in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum zügigen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam.? Wo sehen Sie Ihre Einflussmöglichkeiten bei der Umsetzung?
Unsere bündnisgrünen Experten sind der Auffassung, dass die technischen Möglichkeiten und Chancen fossilfrei zu werden, gegeben sind, die Problematik aber in der Finanzierung liegt. Meine Einflussmöglichkeiten sehe ich darin, für die Sache und die damit verbundene Fördermittelakquise zu argumentieren.
Frage 4: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Potsdamer Bürgern bei der notwendigen Umgestaltung ihrer Wärmeversorgung Orientierung zu geben und wie kann der Umbau sozialverträglich bis 2045 gelingen?
a) Für eine sachgerechte Orientierung für Mieter*innen und Eigentümer*innen werden gut und verständlich aufgearbeitete Informationen benötigt. Hierzu könnte eine Klimaberatungsstelle gefördert werden, die neben persönlicher Beratung auch ein einfaches Online-Angebot bereitstellt, also ähnlich arbeitet wie die Verbraucherzentrale b) Der sozialverträgliche Umbau ist eine große Herausforderung, aber Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit müssen Hand in Hand gehen – für die Gerechtigkeit und natürlich auch den sozialen Frieden. Es gilt, hohe Fördermittel für die Dekarbonisierung und sozialverträgliche Gebäudesanierung bereitzustellen und zu akquirieren. Nur so wird nachhaltiger Neubau bzw. Umbau auch für Personen mit geringeren Einkommen finanzierbar und können Wohnkosten niedrig bleiben.
Frage 5: Mit welchen Ansätzen kann Potsdam den Bedarf an sozialverträglichem Wohnraum bedienen, ohne die selbstgesetzten Klimaschutzziele zu verletzen?
Wir müssen es schaffen, Fernwärme klimaneutral zu machen, ansonsten würde die Wohnungswirtschaft erhebliche Investitionen zu leisten haben und dadurch Warmmieten massiv in die Höhe getrieben. Insgesamt vertraue ich bei der Entwicklung und Umsetzung von weiteren und detaillierteren Ansätzen unseren bündnisgrünen Experten, z.B. Andreas Walter und Silke Reimer (Wahlprüfsteine).
Frage 6: Mit welchen weiteren Maßnahmen möchten Sie den Fuß- und Radverkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr in Potsdam insbesondere in der Innenstadt anreizen?
Vor sieben Jahren habe wir mit unserm Verein eine Fahrradfahrschule für Frauen und Mädchen gegründet. Daher weiß ich als erfahrene Fahrradfahrerin genau, wie angsterregend unsere Stadt für Fahranfängerinnen ist: Zu eng sind die Fahrradwege, zu dominant der Autoverkehr. Auch als Mutter weiß ich um die Not, Kindern das sichere Fahrradfahren in der Stadt zu vermitteln, und wie schnell man in Versuchung kommt, auf Gehwege auszuweichen. Ich stehe daher für ein auszubauendes, dichtes und sicheres Radwegenetz mit deutlichen Abgrenzungen (z.B. Grünstreifen) zu fließendem und stehendem Autoverkehr. Weiterhin stehe ich für ausgewählte Radschnellwege, grüne Wellen für den Radverkehr und rad- und fußgängerfreundliche Ampelschaltungen. Stadtweit und auch in der der Innenstadt müssen dringend weitere Spielstraßen sowie barrierefreie Lösungen für den Fahrrad- und Fußverkehr und Straßenübergänge für Mitbürger*innen mit Geheinschränkungen entwickelt werden. Hierzu verweisen ist auf die Empfehlungen von Fuss e.V.