Anna Heyer-Stuffer
Frage 1: Inwieweit stellt der Klimawandel nach Ihrer Auffassung eine Bedrohung für die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und das Leben der Bürger*innen dar und welche Priorität wollen Sie dem Klimaschutz im Rahmen Ihrer Arbeit als Stadtverordnete(r) einräumen?
Der Klimaschutz ist Menschenrecht, so hat es jüngst auch der EGMR geurteilt. Die Ursachen des Klimawandels sind auch hinreichend erforscht, weshalb uns allen bewusst sein muss, dass wir es selbst sind, die die nächsten Generationen bedrohen, wenn wir nichts tun. Meine Prioritäten wären gezielte Maßnahmen zu Klimaanpassung, wie z.B. Begrünung der Stadt durch Entsiegelung der Flächen, Erhaltungsmaßnahmen für unsere Parks sowie Schutz und Ausbau des Baumbestands als Lunge der Stadt. Zunehmende Hitzewellen in den Städten sind zudem für Kinder, aber auch Senior*innen zum Gesundheitsrisiko geworden, weshalb die kostenlose Wasserversorgung in der Stadt und auch in der Gastronomie wie in den meisten europäischen Städten etabliert werden sollte.
Frage 2: Welche Rolle messen Sie Dach-PV-Anlagen zur Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft bei? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Ausbau von Photovoltaik insbesondere zur günstigen Eigenversorgung mit Strom auch im Innenstadtbereich zukünftig leichter möglich wird?
Die Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft hat nicht nur eine Vorbildfunktion, sie trägt entscheidend für den Klimaschutz bei. Viele Städte in Südeuropa stellen Ihre Straßenbeleuchtung auf Solarlaternen um. Auch Dach bzw. Balkon-PV-Anlagen sind sinnvolle Ergänzung für die Eigenversorgung mit Strom. Wer aber kein Eigenheim hat, ist auf ein Zusammenspiel mit den Vermieter*innen und Eigentümern angewiesen.
Frage 3: Welche Chance und Herausforderungen sehen Sie in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum zügigen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam? Wo sehen Sie Ihre Einflussmöglichkeiten bei der Umsetzung?
Die Chancen liegen eindeutig bei Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, die Herausforderungen liegen im menschlichen Handeln. Das individuelle und kollektive Bewusstsein zu schärfen für notwenige Umstellungen und Prozesse, die ihre Wirkung nur schrittweise zeigen, ist anstrengend und unpopulär. Meinen Beitrag sehe ich zunächst in meinem Umfeld als gutes Vorbild. Wenn jede Person wenig tun, wird es in der Gesamtheit viel!
Frage 4: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Potsdamer Bürger*innen bei der notwendigen Umgestaltung ihrer Wärmeversorgung Orientierung zu geben und wie kann der Umbau sozialverträglich bis 2045 gelingen?
(hier folge ich dem Wahlprogramm und der zentralen Antwort der Fraktion) Kommunale Wärmeplanung als Grundlage für eine sofortige Ausführungs- und Genehmigungsplanung inkl. Ausfinanzierung auf den Weg bringen. Für Stadtteile wie Potsdam West und Babelsberg Nord Anschluss- und Ausbaupläne erarbeiten.
Frage 5: Mit welchen Ansätzen kann Potsdam den Bedarf an sozialverträglichem Wohnraum bedienen, ohne die selbstgesetzten Klimaschutzziele zu verletzen?
(hier folge ich der Antwort meines Fraktionskollegen Andreas Walter) Ein wichtiger Punkt ist die Dekarbonisierung der Fernwärme. Für die Einhaltung der Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) muss die EWP ab 01.01.2024 bestätigen, dass sie die geltenden rechtlichen Anforderungen an ihr Wärmenetz erfüllt. Dazu muss die EWP bis Ende 2026 einen Wärmenetzausbau- und Dekarbonisierungsfahrplan (GEG § 71b) erstellen. Dieser muss nachweisen, wie der Anteil an Erneuerbaren Energien bis 2030 auf 30%, bis 2040 auf 80% und in 2045 auf 100% gesteigert werden kann. Sollte die EWP ihren Dekarbonisierungspfad nicht erreichen, würden erhebliche Investitionen der Wohnungswirtschaft in deutlich höheren Dimensionen (vor allem durch ProPotsdam, Stadtspuren-Unternehmen) nötig und Warmmieten massiv in die Höhe getrieben. Ein weiteres Argument spricht für die schnelle Umsetzung des angeführten Beschlusses: Eine Beibehaltung der auf Gas basierenden Fernwärme wird aufgrund der gestiegenen CO2-Kosten zu erheblichen Mehrkosten der Fernwärmekunden führen. Aktuell fallen pro Quadratmeter und Jahr ca. 1€ für CO2 an. Dieser Betrag wird durch die zu erwartenden steigenden CO2- Zertifikatspreise innerhalb der nächsten 10 Jahre auf 4€/m² ansteigen. Diese Kosten fallen der EWP genauso an und werden für den EU-Zertifikatehandel ausgegeben. Die Umstellung auf Erneuerbare Energien reduziert die CO2-Kosten. Damit können die Energiepreise deutlich niedriger bleiben.
Frage 6: Mit welchen weiteren Maßnahmen möchten Sie den Fuß- und Radverkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr in Potsdam insbesondere in der Innenstadt anreizen?
Als Mutter, wohnhaft in der Innenstadt, liegt mein Fokus auf der Sicherheit der Fußgänger*innen und Radfahrer*innen. Die Entwicklung zur autoarmen Innenstadt bis hin zu autofreien Bereichen muss daher fortgesetzt werden. Als Autofahrerin erkenne ich an, dass es in der Innenstadt an Parkplätzen mangelt und trotz Bewohnerparkkarte die Suche nach einem Parkplatz oftmals bis zu 30 Minuten dauert, da die ausgewiesenen Plätze von nicht berechtigten Fahrer*innen genutzt werden oder die Parkfläche durch Sperrung der Straßen wegen Weihnachtsmarkt oder anderweitiger Feste über Wochen ersatzlos entzogen wird. Urbane Mobilität steigert die Attraktivität der Stadt, ist auch ein Wirtschaftsfaktor für den Tourismus und den Handel, schont Klima und schafft lebenswerte Zukunft. Der Blick ins europäische Ausland lohnt!