Gert Zöller

Frage 1: Inwieweit stellt der Klimawandel nach Ihrer Auffassung eine Bedrohung für die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und das Leben der Bürger*innen dar und welche Priorität wollen Sie dem Klimaschutz im Rahmen Ihrer Arbeit als Stadtverordnete(r) einräumen?

Der Klimawandel hat enormen Einfluss auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger. Dieser ist in den letzten Jahren zunehmend konkret und greifbar geworden sind, z.B. durch fortschreitende Trockenheit mit der Folge eines massiven Baumsterbens. Der Klimaschutz und die Bekämpfung des menschlich verursachten Klimawandels hat für meine Tätigkeit als Stadtverordneter somit höchste Priorität.

Frage 2: Welche Rolle messen Sie Dach-PV-Anlagen zur Dekarbonisierung der Stadtgesellschaft bei? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Ausbau von Photovoltaik insbesondere zur günstigen Eigenversorgung mit Strom auch im Innenstadtbereich zukünftig leichter möglich wird?

Die Dekarbonisierung der EWP ist meines Erachtens die zentrale Stellschraube für den kommunalen Klimaschutz in Potsdam, zumal die Erschließung der Potenziale für erneuerbare Energien alle Erwartungen übertroffen hat, insbesondere im Bereich der Geothermie. Ein weiterer großer Anteil im Bereich der erneuerbaren Energien kann durch Freiflächen-PV- und Windanlagen im ländlichen Raum abgedeckt werden. Dach-PV-Anlagen und Balkonkraftwerke stellen eine sinnvolle und attraktive Ergänzung für die Eigenversorgung mit Strom dar und sollten niedrigschwellig ermöglicht und gefördert werden.

Frage 3: Welche Chance und Herausforderungen sehen Sie in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum zügigen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam? Wo sehen Sie Ihre Einflussmöglichkeiten bei der Umsetzung?

Die zügige Dekarbonisierung durch den Einsatz erneuerbarer Energien ist nicht nur ein zentraler und direkter Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch der einzige Weg, eine künftige Explosion von Investitionen, und damit Mieten zu verhindern, sowie eine verlässliche und dauerhafte Energieversorgung zu gewährleisten. Gleichzeitig ist die Querfinanzierung des Verkehrsbetriebs innerhalb des Stadtwerke-Verbunds im Auge zu behalten, um auch den Fortgang der Mobilitätswende nicht zu verlangsamen.

Frage 4: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Potsdamer Bürger*innen bei der notwendigen Umgestaltung ihrer Wärmeversorgung Orientierung zu geben und wie kann der Umbau sozialverträglich bis 2045 gelingen?

(hier folge ich der Antwort meines Fraktionskollegen Andreas Walter) Kommunale Wärmeplanung als Grundlage für eine sofortige Ausführungs- und Genehmigungsplanung inkl. Ausfinanzierung auf den Weg bringen. Für Stadtteile wie Potsdam West und Babelsberg Nord Anschluss- und Ausbaupläne erarbeiten.

Frage 5: Mit welchen Ansätzen kann Potsdam den Bedarf an sozialverträglichem Wohnraum bedienen, ohne die selbstgesetzten Klimaschutzziele zu verletzen?

(hier folge ich der Antwort meines Fraktionskollegen Andreas Walter) Ein wichtiger Punkt ist die Dekarbonisierung der Fernwärme. Für die Einhaltung der Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) muss die EWP ab 01.01.2024 bestätigen, dass sie die geltenden rechtlichen Anforderungen an ihr Wärmenetz erfüllt. Dazu muss die EWP bis Ende 2026 einen Wärmenetzausbau- und Dekarbonisierungsfahrplan (GEG § 71b) erstellen. Dieser muss nachweisen, wie der Anteil an Erneuerbaren Energien bis 2030 auf 30%, bis 2040 auf 80% und in 2045 auf 100% gesteigert werden kann. Sollte die EWP ihren Dekarbonisierungspfad nicht erreichen, würden erhebliche Investitionen der Wohnungswirtschaft in deutlich höheren Dimensionen (vor allem durch ProPotsdam, Stadtspuren-Unternehmen) nötig und Warmmieten massiv in die Höhe getrieben. Ein weiteres Argument spricht für die schnelle Umsetzung des angeführten Beschlusses: Eine Beibehaltung der auf Gas basierenden Fernwärme wird aufgrund der gestiegenen CO2-Kosten zu erheblichen Mehrkosten der Fernwärmekunden führen. Aktuell fallen pro Quadratmeter und Jahr ca. 1€ für CO2 an. Dieser Betrag wird durch die zu erwartenden steigenden CO2-Zertifikatspreise innerhalb der nächsten 10 Jahre auf 4€/m² ansteigen. Diese Kosten fallen der EWP genauso an und werden für den EU-Zertifikatehandel ausgegeben. Die Umstellung auf Erneuerbare Energien reduziert die CO2-Kosten. Damit können die Energiepreise deutlich niedriger bleiben.

Frage 6: Mit welchen weiteren Maßnahmen möchten Sie den Fuß- und Radverkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr in Potsdam insbesondere in der Innenstadt anreizen?

Der Rad- und Fußverkehr muss attraktiver und vor allem sicherer werden. Hierzu hat die bündnisgrüne Stadtfraktion in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen eingebracht, die leider nur teilweise oder gar nicht umgesetzt wurden. Wir brauchen ein dichtes Radwegenetz und breite Radwege, wenn möglich mit baulicher Abgrenzung zum Autoverkehr. Radschnellwege, grüne Wellen für den Radverkehr, insgesamt rad- und fußverkehrsfreundliche Ampelschaltungen werden Menschen zum Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität motivieren. Der Straßenraum muss gerecht zwischen den Verkehrsträgern aufgeteilt werden, d.h. die Übervorteilung des motorisierten Individualverkehrs mit seiner hohen Inanspruchnahme von Platz für wenige Personen muss zurückgefahren werden, um dem platzsparenden Rad- und Fußverkehr mehr Raum zu geben. Hierzu müssen die Verkehrskonzepte der Stadt, z.B. das Stadtentwicklungskonzept Verkehr und das Radverkehrskonzept konsequent im Sinne des Umweltverbundes fortgeschrieben werden. Die Entwicklung zur autoarmen Innenstadt muss fortgesetzt werden, aber auch in den Kiezen sollen autoarme und autofreie Bereiche entstehen.